
Wirtschaft
Gedrückte Stimmung in der deutschen Wirtschaft

Fast 40 Prozent der deutschen Unternehmen rechnen für 2023 mit einem Geschäftsrückgang.
Foto: Christian Charisius/dpa
Die Befürchtung war groß, dass die Industriewirtschaft angesichts der drohenden Gasknappheit zusammenbrechen könnte. So ist es nicht gekommen. Viele Unternehmen rechnen jedoch in diesem Jahr mit einem Rückgang.
Aktualisiert: 09.01.2023 15:01
Berlin/Wiesbaden. Die deutsche Industrie steigerte ihre Produktion im November um 0,2 Prozent gegenüber dem Vormonat. Das teilte das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden mit. Der Anstieg folgt einem Rückgang um 0,4 Prozent im Oktober. Volkswirte erwarteten ein etwas deutlicheres Wachstum von 0,3 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahresmonat war die Produktion erneut rückläufig.
“Die Industrieproduktion hat sich nach einem schwachen Start ins vierte Quartal im November stabilisiert”, kommentierte das Berliner Wirtschaftsministerium. Die Geschäftsstimmung hat sich zuletzt aufgehellt. In den kommenden Monaten dürfte die Entwicklung durch eine langsam verschwindende Materialknappheit unterstützt werden. “Dennoch sind die Aussichten für die Industriekonjunktur im ersten Quartal noch bescheiden.” Darauf deuten die zuletzt schwachen Auftragseingänge und die Abkühlung der Weltkonjunktur hin.
2023 wird mit weniger Geschäft gerechnet
Bis 2023 erwarten fast 40 Prozent der Unternehmen einen Geschäftsrückgang, so eine Umfrage des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) unter mehr als 2.500 Unternehmen. Nur gut ein Viertel (26 Prozent) rechnet mit einer höheren Produktion als 2022. Ein gutes Drittel (35 Prozent) erwartet eine Stagnation. „Die Belastung durch hohe Energiekosten und anhaltende Materialprobleme hat bereits Spuren im Wirtschaftsleben hinterlassen und die ursprünglich vorhandene Zuversicht für 2022 erschüttert“, sagte IW-Experte Michael Grömling.
Im November nahmen die Warenverarbeitung und die Energieerzeugung zu. Dagegen ging die Bautätigkeit zurück, allerdings nach einem deutlichen Anstieg im Vormonat. Die Produktion der Automobilindustrie wuchs deutlich, aber die Entwicklung des Maschinenbaus stagnierte.
„Das wirklich Bemerkenswerte ist, dass diese Zahlen so unauffällig sind“, kommentiert Landesbank Baden-Württemberg-Ökonom Jens-Oliver Niklasch die Produktionszahlen. Vor einigen Monaten gab es Befürchtungen, dass die Industrietätigkeit aufgrund einer drohenden Gasknappheit einbrechen könnte. Dass dies nicht geschehen sei, „zeigt die bemerkenswerte Flexibilität der Branche, die maßgeblich zur Reduzierung des Gasverbrauchs beigetragen hat“.
Zuversichtlich zeigte sich auch Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. „Die Lieferketten funktionieren wieder besser. Die Industrie kann Aufträge bearbeiten, die sich aufgrund von Materialknappheit verzögert haben.“ Die Corona-Pandemie und der Krieg Russlands gegen die Ukraine hatten lange Zeit den internationalen Handel beeinträchtigt, doch in den letzten Monaten haben sich die Probleme etwas entspannt.