
Im Februar veröffentlichte Netflix eine dreiteilige Dokumentation über die frühen Jahre des Musikers Kanye West, in der der Mann, der sich jetzt Ye nennt, sagt: „Ich sage nicht, dass es für mich unmöglich ist, zu scheitern. Aber hoffentlich, mit Gottes Segen: Auf keinen Fall sollte ich scheitern.” Diese innere Stärke muss man langsam überdenken, wie man in der Geschäftswelt sagt. Und das ist und war ein Musiker, Mode- und Schuhdesigner schon immer: ein Geschäft. Er hat in den letzten Wochen viel verloren, so viel, dass man es fast schon als Misserfolg bezeichnen könnte. Das gilt auch für seine neuste Idee: T-Shirts zu verkaufen, auf denen der rassistische Slogan „White Lives Matter“ aufgedruckt ist – zu Deutsch: „White lives matter“. Dass nichts dabei herauskommt, liegt am harten Markenrecht – und an zwei schwarzen Radiomoderatoren.
Wie immer bei Ye hat alles eine Vorgeschichte, diesmal sind es mindestens drei. Die erste sieht so aus: Ye erschien zur Paris Fashion Week in einem White Lives Matter-Shirt. Dann verbreitete er antisemitische Verschwörungstheorien und sagte in einem Podcast, dass er sich so ausdrücken könne, ohne von Adidas fallen gelassen zu werden. Sie haben Schuhe für die Menschen in Herzogenaurach entworfen. Adidas beendete jedoch die für beide Seiten gewinnbringende Zusammenarbeit. Jahis jüngste Äußerungen seien „inakzeptabel, hasserfüllt und gefährlich“, sagte das Unternehmen. Ye kündigte daraufhin an, nun T-Shirts mit rassistischen Parolen bedrucken und verkaufen zu wollen. Doch eines hat der gewiefte Kaufmann wohl vergessen, womit der Mann, der zur Marke wurde, eigentlich bestens vertraut ist: das Markenrecht.
Das führt zu einer anderen Geschichte: Im Mai 2020 kniete ein Polizist neuneinhalb Minuten lang auf George Floyds Nacken, er starb an den Folgen. Unter dem Motto „Black Lives Matter“ kam die bald globale amerikanische Antirassismusbewegung zusammen. Der Slogan „White Lives Matter“ entpuppte sich als fehlgeleitete Gegenreaktion. Der zweite Slogan existiert, wenn man so will, nur, weil manche Leute ein Problem mit Antirassismus zu haben scheinen. Und in dieser Gruppe war Ye der letzte mit seinem Hemd. Auch fälschlicherweise angenommen, Floyd sei an Drogen gestorben.
Dritte Geschichte: Damit der rassistische Slogan „White Lives Matter“ kein Geld in braune Kassen spült, werden die Markenrechte nach Angaben der gemeinnützigen Nachrichtenplattform Capital B von zwei schwarzen Radiomoderatoren aus Phoenix, Arizona, an Ramses Ja und Quinton Ward geerbt die Rechte von einem anonymen Zuhörer, der seine kommerzielle Nutzung rechtlich verteidigt hat. Sie verbieten Yel, den Schriftzug auf den Shirts zu verkaufen. Ramses Ja zum Beispiel, der in seiner Radiosendung über die Schnittmenge von amerikanischer Bürgerrechtsbewegung und Hip-Hop spricht, wird von Ye verletzt, wie er gegenüber Capital B sagt. Er versucht lieber, sich an Kanye aus dem Jahr 2005 zu erinnern. Damals wurde nach dem Hurrikan aufgeräumt Katrina nur ganz langsam. Kanye West beschuldigte Präsident George W. Bush daher, sich während eines Fernseh-Spendenmarathons nicht um Schwarze zu kümmern.