
Traurigkeit
Gründer der Freien Lauenburgischen Akademie ist gestorben

Werner Budesheim war stolz auf die Unabhängigkeit der Akademie.
Foto: Susanne Tamm
Werner Budesheim war ein „gebildeter Bürger“. Er wollte die Wissenschaft aus ihrem Elfenbeinturm holen – mit Erfolg. Jetzt ist er tot.
Wentorf/Reinbeck. Unter anderem war sein Blick über den Brillenrand so typisch für ihn: verschmitzt und fragend zugleich. Viele in der Region Wentorf und in Lauenburg werden diesen Ausblick in Zukunft vermissen, denn Dr. Werner Budesheimein gebildeter Bürger im besten Sinne, im Alter von 81 Jahren gestorben.
Der Geographie-Doktor hinterlässt eine große Lücke: Er hat sie vor weit über 30 Jahren gefüllt Freie Akademie Lauenburg (FLA) gegründet – eine Bildungseinrichtung auf akademischem Niveau für alle Interessierten. Die Vorträge sind kostenlos und werden durch die täglichen Exkursionen und die Beiträge der rund 250 Mitglieder finanziert.
Werner Budesheim wollte die Wissenschaft aus dem Elfenbeinturm holen
Dem Oberstudienrat, der 13 Jahre am Wentorfer Gymnasium unterrichtete und viele wissenschaftliche Publikationen für die FLA herausgab, war es wichtig, die Wissenschaft aus seinem Elfenbeinturm zu holen. Die Vorlesungen zu Themen aus den Bereichen Archäologie und Kunstgeschichte, Siedlungsgeographie, Ur- und Frühgeschichte, Politikwissenschaft, Industriearchäologie, Ökologie sowie Literatur und Kultur sollen sowohl interessierte Laien als auch Experten ansprechen.
„Er war ein netter, ganz toller, intelligenter Mann“, sagt Sybille Marks, Mitbegründerin der Wentorfer Kulturwoche und Sekretärin der FLA. “Es ist ein wirklich großer Verlust. Werner Budesheim war humorvoll. Ich habe ihn nie schlecht gelaunt gesehen. Sein Herz war es, dafür zu sorgen, dass alles funktioniert und dass es allen gut geht. Tatsächlich war er die FLA.”
Hanseatische Bescheidenheit verbunden mit Freude an der Arbeit
Prof.. Martin Pries, Erster Vizepräsident der FLA, erinnert sich: „Werner Budesheim war ein sehr korrekter und kompetenter Mensch, aber er hat sich nie als Präsident präsentiert, sondern einfach mit hanseatischer Bescheidenheit seine Arbeit gemacht. Es hat ihm sehr viel Spaß gemacht, er hatte ein großes Organisationstalent und einen großen Stab hochkarätiger Dozenten.“
1986 wurde er vom damaligen Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, Uwe Barschel (CDU), zum Aufbau und zur Leitung einer wissenschaftlichen Akademie in Mölln berufen, berichtet Pries. „1359 wurde Mölln als Stadt Lübeck versprochen“, weiß Martin Pries. Damals wurde der Stadthauptmannshof gebaut und in den 1980er Jahren eine Nutzung für dieses historische Gebäude gesucht und mit der Lauenburger Akademie gefunden.
Ansteckende Begeisterung für längst vergangene Zeiten
Doch nach dem Tod von Uwe Barschel und den politischen Umwälzungen wurde das Erfolgsmodell nicht mehr benötigt. Deshalb bat Werner Budesheim 1990 um die Rückkehr in den Lehrberuf und übernahm die Leitung des Lübecker Gymnasiums Ernestinenschule. 1991 gründete er aus eigener Initiative die Freie Lauenburgische Akademie.
Die Unabhängigkeit der FLA bedeutete ihm viel. „Er war stolz darauf, ohne öffentliche Subventionen auskommen zu können“, sagt Pries. Die einzige Unterstützung der Gemeinde war die Miete, die später vom Verein gestrichen wurde.
Er konnte seine ansteckende Begeisterung über lange Zeit aufrecht erhalten. Der ehemalige Bürgermeister von Wentorf, Holger Gruhnke, Mitglied im Beirat der FLA, ist traurig und sagt: „Meine Liebe zu Venedig verdanke ich Werner Budesheim. Ohne ihn wäre ich nie dort angekommen und durch ihn bin ich erst richtig geworden.“ gelernt, die Geschichte und Kultur hinter den Dingen zu sehen.”
Eine Scherbe wurde durch ihn zum spannenden Zeitzeugen
Er konnte sogar ziemlich trockenen historischen Objekten Leben einhauchen. Als seinen „größten Glücksfund“ bezeichnete Budesheim einst eine Lombard-Scherbe. Er meldete sie pflichtbewusst dem Landesamt für Denkmalschutz. Weil er die richtige Geschichte zu erzählen wusste, wurden aus solch einfachen Tonscherben spannende Zeitzeugen.
Einige der Reste, die er zum Beispiel auf einem Feld in Lauenburg fand, waren einst ein dekorierter Kochtopf. „Um 1100 v. Chr. machten die Menschen eine Mulde in das Feld, fügten Holz und Holzkohle hinzu und ließen es genau richtig glühen – bei etwa 600 Grad“, erklärt er und gibt damit einen Einblick in die Vergangenheit.
Die Zukunft der Akademie ist unklar
Wie die Akademie ohne ihren Gründer weiterarbeiten soll, ist noch unklar. Prof.. Thomas Schramm, zweiter Vizepräsident, pflichtet dem ersten Stellvertreter Pries bei: „Im Moment können wir uns nicht vorstellen, wie es mit der Lauenburgischen Akademie weitergehen soll.
Denn Werner Budesheim hinterlässt so große Schritte, dass sie für uns drei zusammen zu groß sind. Wir wünschten, wir hätten die Zukunft der Akademie gemeinsam mit ihm planen können.“ Wie es ohne Werner Budesheim weitergeht, entscheiden die Mitglieder auf einer Sitzung Mitte Februar 2023.
Trauerfeier auf dem Waldfriedhof
2013 erhielt Werner Budesheim vom damaligen Ministerpräsidenten Torsten Albig das Verdienstkreuz am Bande für seine Verdienste. Der FLA-Präsident sagte dann bescheiden, dass er diese Aufgabe ohne sein Team und ohne seine Familie nicht bewältigen könne.
Dr. Werner Budesheim ist nun im Alter von 81 Jahren verstorben. Er wird am Donnerstag, 22. Dezember, im engsten Familienkreis auf dem Waldfriedhof Neuschöningstedt beigesetzt. Der Trauergottesdienst in der Kapelle beginnt um 13 Uhr
Aktualisiert: Mi., 21.12.2022, 18 Uhr
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