
Marktbericht
Stand: 23.11.2022 22:22
Die US-Aktienmärkte sind den zweiten Tag in Folge gestiegen. Der Zinszyklus der Fed zeigt wie erwartet Anzeichen einer zumindest etwas langsameren Gangart. Es war eine Erleichterung.
Mitte der Woche setzten die wichtigsten US-Aktienindizes die Gewinne des Vortages fort und beendeten den Handel mit Gewinnen. Der Dow Jones, der Leitindex der Benchmarkwerte, stieg um 0,28 Prozent auf 34.194 Punkte. Damit bleibt er weiterhin über der Marke von 34.000 Punkten, die der Index gestern übersprungen hat. Mit ihrer rund 19-prozentigen Rally seit Mitte Oktober setzen die Anleger darauf, dass die Fed bei ihrer nächsten Zinssitzung Mitte Dezember einen Teil ihrer raschen Straffung zurücknehmen könnte.
Auch die Technologiebörse Nasdaq und der Index Nasdaq 100 legten um knapp ein Prozent zu, der breite Index S&P 500 beendete den Handel bei 4.027 Punkten, was einem Plus von 0,59 Prozent entspricht.
Die US-Börsen sind am Donnerstag wegen Thanksgiving geschlossen. Der nächste Tag ist ein verkürzter Handelstag. Der Bridge Day, bekannt als Black Friday, gilt als Lackmustest für die vorweihnachtliche Konsumstimmung der Amerikaner. Geschäfte locken mit vielen Angeboten.
Die Fed signalisiert langsamere Zinserhöhungen
Unterdessen kündigte die US-Notenbank ein vorsichtigeres Tempo der Zinserhöhungen an. „Eine deutliche Mehrheit der Teilnehmer dachte, dass sich die Zinserhöhungen wohl bald verlangsamen würden“, heißt es in dem am Abend veröffentlichten Protokoll des Zinsentscheids vom 2. November. Viele Fed-Beamte sagten, eine Verlangsamung der Zinserhöhungen würde eine Einschätzung des Fortschritts in Richtung des Ziels ermöglichen.
Die Fed hat auf ihrer Sitzung Anfang November ihren Leitzins zum vierten Mal in Folge kräftig um 0,75 Prozentpunkte angehoben. Der Vorsitzende der US-Notenbank, Jerome Powell, und andere Fed-Vertreter kündigten kürzlich einen vorsichtigeren Ansatz an. Immerhin hat die Fed die Leitzinsen in diesem Jahr bereits von nahe null auf aktuell 3,75 Prozent auf 4,0 Prozent angehoben. Zudem ist die Inflation in den letzten Monaten etwas gesunken.
Die lang erwartete Veröffentlichung des Protokolls erfüllte die Erwartungen des Marktes. Allerdings ist noch nicht klar, wie weit die Fed im aktuellen Zinszyklus gehen wird. Der Zinsausschuss der Fed wird sich dieses Jahr zum letzten Mal am 13.-14. treffen. Im Dezember. Die Märkte erwarten eine weitere Zinserhöhung um 50 Basispunkte. Die Inflationsdaten für November stehen ebenfalls auf der Tagesordnung. Fed-Chef Jerome Powell hat in letzter Zeit immer wieder betont, dass Zinsentscheidungen auf Basis verfügbarer Daten getroffen werden.
Gemischte Wirtschaftsdaten
Die jüngsten Wirtschaftsdaten waren gemischt. Während die Auftragsdaten der Industrie stärker als erwartet ausfielen, schwächelte der Arbeitsmarkt. Hier war die wöchentliche Erstanträge auf Arbeitslosengeld höher als prognostiziert – 17.000 Anträge. Im Fokus standen im November jedoch vor allem die Einkaufsmanagerindizes des verarbeitenden Gewerbes und des Dienstleistungssektors, die die Forderung der US-Notenbank nach einer sanfteren Straffung der Geldpolitik unterstützten.
„Der US-Einkaufsmanagerindex (PMI) liegt derzeit unter dem der Eurozone“, sagt Thomas Gitzel, Ökonom bei der VP Bank. Das sei „erstaunlich“, vor allem angesichts des Krieges in der Ukraine und der stark gestiegenen Energiepreise in Europa. Er sagte, dass die Anhebung der Fed-Zinssätze über drei Prozentpunkte wahrscheinlich zu einer großen wirtschaftlichen Belastung wird.
DAX steht still
Inländische Anleger waren heute ähnlich wie in der ganzen Woche. Der DAX bewegte sich auf hohem Niveau um die Marke von 14.400, für mehr reicht es aber nicht. Am Ende des ideenlosen Tages schloss Deutschlands Leitindex nahezu unverändert bei 14.427 Punkten, ein Mini-Plus von 0,04 Prozent.
Zahlreiche neue Konjunkturdaten sowohl aus Europa als auch aus den USA konnten die Anleger heute nicht aus ihren Reserven locken. Der zukünftige Zinssatz der Fed steht allein ganz oben auf der Agenda der Anleger. Börsenmakler haben gespannt auf die Veröffentlichung des Zinsprotokolls der Fed gewartet, von dem sie hoffen, dass es zusätzliche Einblicke in die Zinspolitik der Fed geben wird.
„Was Investoren oft begeistert, ist nicht der Inhalt des Protokolls, sondern die subtilen Änderungen“, sagt Craig Orlam, ein Makler in Orlando. Generell erwartet die US-Notenbank ein langsameres Tempo an den Aktienmärkten. „Allerdings dürften die Zinsen weiter angehoben werden, um die Inflationsbekämpfung fortzusetzen“, sagte Christian Henke, Marktanalyst bei Brokerage IG.
Update der Wirtschaft vom 23.11.2022
Anne-Catherine Beck, HR 23.11.2022 10:51
China und kein Ende
Lediglich die unsichere Corona-Situation in China wirkt sich derzeit zusätzlich auf das Geschehen aus, aktuell vor allem über die Rohstoffmärkte. Der Ölpreis ist heute aufgrund der strengen Corona-Beschränkungen der Pekinger Regierung erneut deutlich unter Druck geraten. Die Pandemie hängt wie ein Damoklesschwert über den Märkten.
Deutsche Wirtschaft stoppt Niedergang
Aus der deutschen Wirtschaft kamen am Morgen ermutigende Daten. Der PMI für den Privatsektor – Industrie und Dienstleistungen zusammengenommen – stieg um 1,3 Punkte auf 46,4 Punkte. Das teilte der Finanzdienstleister S&P Global mit. Dennoch blieb das an den Finanzmärkten viel beachtete Barometer den fünften Monat in Folge unter der Marke von 50, ab der es Wachstum signalisiert.
Euro immer noch im bullischen Modus
Die Aussicht auf eine geringere Zinsdifferenz zwischen Dollar und Euro trägt derzeit dazu bei, die Gemeinschaftswährung wieder auf Kurs zur Dollarparität zu bringen. Am Abend baute der Euro seine Gewinne aus und handelt im US-Handel deutlich höher bei 1,0400. Die Europäische Zentralbank legte den Referenzkurs auf 1,0325 US-Dollar (Dienstag: 1,0274) fest.
Zahlreiche Wirtschaftsdaten kamen dem Dollar nicht zugute. Das besser als erwartete Verbrauchervertrauen der University of Michigan und die steigenden Verkäufe neuer Eigenheime ließen nach. Generell zeichnete sich kein klares Bild der US-Wirtschaft ab, sondern auch eine unmittelbar drohende Rezession.
Siemens Energiebedarf im DAX
Siemens Energy, die Energietochter des Siemens-Konzerns, steht mit einem Plus von rund 2,5 Prozent an der Spitze des DAX. Auf der anderen Seite meiden Investoren Siemens Healthineers nach der Herabstufung. Die Aktie des Medizintechnikkonzerns rutschte mit einem Kursverlust von rund 3,0 Prozent auf das Schlusslicht des Index. Die Analysten von Jefferies haben die Aktie aufgrund eines früheren Kaufs auf Eis gelegt. Angesichts des Personalmangels sowie höherer Finanzierungs- und Baukosten waren die Experten der Investmentbank vorsichtig, was das Auftragswachstum im nächsten Jahr angeht.
Tarifvertrag bei VW
VW-Aktien bauen ihre Verluste aus. Nach mehr als 16 Stunden “intensiver Verhandlungen” hat Volkswagen am frühen Mittwochmorgen eine Tarifvereinbarung zum Konzerntarifvertrag erzielt. Die Gewerkschaft IG Metall und der Wolfsburger Autobauer einigten sich auf eine zweistufige Umsatzsteigerung von 8,5 Prozent und eine Nettozahlung von 3.000 Euro über zwei Jahre.
Uniper verwandelt sich in ein Fass ohne Boden
Die Rettung des lauten Gasriesen Uniper wird für den deutschen Staat noch teurer als bisher angenommen. Zusätzlich zu den bereits bekannten Rettungsplänen soll Kapital in Höhe von bis zu 25 Milliarden Euro durch die Ausgabe neuer Aktien gegen Geld- und/oder Sacheinlage geschaffen werden, teilte der Konzern heute mit. Dies sollte das durch weitere Verluste in den Jahren 2022, 2023 und 2024 geschwächte Eigenkapital teilweise wiederherstellen. In Kombination mit bereits angekündigten oder laufenden Maßnahmen könnte die Rettung von Deutschlands größtem Gasimporteur bis zu 51,5 Milliarden Euro kosten.
Das SDAX-Mitglied Uniper macht seit Monaten hohe Verluste, weil der Konzern teuren Ersatz für fehlende Gaslieferungen aus Russland beschaffen muss. In neun Monaten dieses Jahres hatte Düsseldorf einen Verlust von 40 Milliarden Euro angehäuft.
Manchester United teilt einen Bauern?
Die Aktien des britischen Fußballklubs stiegen an der Londoner Börse um rund elf Prozent. Die US-Eigentümer von Manchester United erwägen den Verkauf des englischen Premier-League-Klubs. Wie der Verband mitteilt, erwägt die Familie Glazer eine externe Finanzierung, um das Wachstum voranzutreiben.
„Als Teil dieses Prozesses wird der Vorstand alle strategischen Alternativen prüfen, einschließlich neuer Investitionen in den Club, Verkäufe oder andere Transaktionen, die das Unternehmen betreffen.“ Die Ankündigung erfolgte etwa vier Stunden, nachdem bekannt wurde, dass Manchester United und Fußball-Superstar Cristiano Ronaldo ihren Vertrag kündigen.
Die Aktionäre der Credit Suisse stimmen der Kapitalerhöhung zu
Die Aktionäre der krisengebeutelten Schweizer Bank haben einer Kapitalerhöhung zugestimmt. An der ausserordentlichen Generalversammlung stimmten laut Credit Suisse über 90 Prozent für die Pläne des Managements. Unter anderem wird Saudi-Arabiens Central Bank of Saudi Arabia einen Anteil von rund 9,9 Prozent erwerben. Den bestehenden Aktionären wurde ein zusätzliches Kaufangebot unterbreitet. Insgesamt sollen die neuen Aktien vier Milliarden Franken einbringen. Mit diesem Rettungsplan will die Bank nach Milliardenverlusten aus der Krise kommen.
Auch HP plant massive Entlassungen
Der US-Computerhersteller HP will bis Ende des Geschäftsjahres 2025 weltweit rund 4000 bis 6000 Stellen abbauen. Das Unternehmen sagte gestern Abend, dass die Umstrukturierung voraussichtlich Kosten und andere Ausgaben in Höhe von etwa 1 Milliarde US-Dollar verursachen wird. HP meldete einen 11-prozentigen Rückgang des Umsatzes im vierten Quartal auf 14,8 Milliarden US-Dollar. Zuvor hatten andere Technologieunternehmen wie Amazon und Meta Pläne angekündigt, Mitarbeiter aufgrund eines wahrscheinlichen wirtschaftlichen Abschwungs zu entlassen.