Wie die Schweiz globalen Krisen trotz – Wirtschaft

2022 war ein seltsames Jahr für Schweizer Industriekonzerne. Da war zunächst der starke Schweizer Franken, der seit einiger Zeit gegenüber dem Euro aufwertet, sich aber im vergangenen Jahr stark erholte. Der exportorientierten Schweizer Industrie, zu der Schwergewichte wie ABB, der Aufzugshersteller Schindler oder der Maschinenbauer Liebherr gehören, gefallen solche Preisentwicklungen nicht wirklich. Ein starker Franken verteuert Ihre Produkte im Ausland. Doch dieses Mal ist alles ein wenig anders.

Lieferkettenprobleme nach der Corona-Pandemie, hohe Rohstoffpreise und vor allem der Krieg in der Ukraine haben in der Eurozone und den USA eine Rekordinflation ausgelöst. In Deutschland waren es bis 2022 fast acht Prozent, in den USA waren es zuletzt gut sieben. Und in der Schweiz? Die durchschnittliche Inflation lag 2022 bei nur 2,8 Prozent. Der Vorteil für die dortigen Industriekonzerne: Dank der grossen Inflationsdifferenz können sie die Preise in der Eurozone an den starken Schweizer Franken anpassen und bleiben trotzdem wettbewerbsfähig. Außerdem profitieren sie von einer günstigeren Beschaffung.

Einmal mehr wird die Schweiz ihrem Inselruf gerecht: Während ihre wichtigen Wirtschaftspartner EU und USA unter starken Preissteigerungen stöhnen, verzeichnete auch der Bund im August mit 3,5 Prozent die höchste Inflationsrate seit fast 30 Jahren. aber angesichts der weltwirtschaftlichen Lage ist der Preisanstieg noch moderat. Und laut der Schweizerischen Nationalbank (SNB) soll das auch so bleiben: Bis 2023 prognostizieren Währungshüter eine durchschnittliche Inflationsrate von 2,4 Prozent.

Wie kommt es, dass die Schweiz auf diese Weise der inflationären Dynamik ihres Umfelds entkommen kann? Drei Gründe lassen sich ausmachen:

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Starke Währung

Der Schweizer Franken gilt seit langem als sicherer Hafen für Anleger, was die starke und starke Wirtschaft der Schweiz und die Stabilität des Landes widerspiegelt. In der aktuellen Krisenzeit steigt die Nachfrage nach der Schweizer Währung und damit vor allem ihr Wert, was für die exportorientierten Unternehmen des Landes immer wieder zum Problem wird. Damit die Landeswährung nicht zu stark wird, hat die SNB deshalb ein paar Tricks im Ärmel: Sie hat in den letzten Jahren massenhaft Franken in Fremdwährungen getauscht, um den Wechselkurs zu drücken. Er hat diese Währung in Aktien und Anleihen investiert und macht je nach Marktbedingungen Milliardengewinne oder -verluste. Aber egal wie die Dinge ausgehen, das Hauptziel der SNB bleibt der Franken, der nicht zu stark ist.

In letzter Zeit hat die Nachfrage jedoch so stark zugenommen, dass der Schweizer Franken historische Höchststände erreicht hat: Zeitweise kostete ein Euro weniger als 95 Rappen. Anfang 2022 war es umgekehrt. Eine solche Entwicklung – aktuell liegt der Kurs noch bei gut 98 Cent – ​​ärgert die Exporteure, ist aber ein Segen für die Preisstabilität im Land. Denn wenn der Franken stark ist, werden Importe billiger. Hohe Preise in anderen europäischen Ländern wirken sich daher nur begrenzt auf die Schweizer Preise aus.

Weniger abhängig von Öl und Gas

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Im vergangenen Jahr waren die hohen Energiekosten wohl die wichtigste Inflationsursache. Russlands Angriffskrieg in der Ukraine hat die Öl- und Gaspreise in die Höhe getrieben, was die Situation in Ländern wie Deutschland, in denen fossile Brennstoffe eine dominierende Rolle spielen, besonders verschlimmert. Da steht die Schweiz besser da als viele andere europäische Länder: Natürlich verbraucht sie auch enorm viel Öl und Gas, vor allem für Heizung und Verkehr, aber beim Stromverbrauch deckt das Land fast 90 Prozent ab. seinen Bedarf mit Wasser- und Kernenergie zu decken. Ein Vergleich der Warenkörbe, die Länder zur Berechnung ihrer Inflationsraten verwenden, zeigt zudem, dass die Schweizer weniger abhängig von fossilen Brennstoffen sind als beispielsweise die Deutschen. Ende 2022 machten die Kosten für Heimenergie nur noch 3,5 Prozent des Schweizer Einkaufskorbs aus, während knapp 7 Prozent des deutschen Einkaufskorbs.

Zudem erhebt die Schweiz eine relativ hohe CO₂-Abgabe und staatliche Abgaben auf Diesel und Benzin. Gleichzeitig lenkt sie nicht nur den Verbrauch fossiler Brennstoffe, sondern sorgt auch dafür, dass der Endverbraucherpreis den Schwankungen auf den Weltmärkten weniger ausgesetzt ist als anderswo.

Ein streng bewachter Lebensmittelmarkt

Der dritte Grund für die niedrige Inflation in der Schweiz klingt zunächst paradox: Es sind die ansonsten hohen Lebensmittelpreise. Da die Schweiz ihren Lebensmittelmarkt durch Zölle und Subventionen stark vor ausländischer Konkurrenz schützt, wirken sich steigende Weltpreise nicht so stark auf das Schweizer Preisniveau aus. Auch wenn ein importiertes Obst, Gemüse oder Getreide nun teurer ist, spüren die Verbraucher relativ wenig, weil im Gegenzug die Zölle sinken.

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Den Schweizerinnen und Schweizern bleiben damit die Schwierigkeiten erspart, die deutsche, französische oder italienische Verbraucherinnen und Verbraucher haben. Mehr noch: Das Land ist eigentlich keine Insel, sondern wirtschaftlich eng verflochten mit der EU, Asien und Amerika. Analysten erwarten daher, dass sich neben einer weiterhin moderaten Inflation auch das Wirtschaftswachstum in der Schweiz abschwächen wird. Die Expertengruppe Konjunkturprognosen des Schweizerischen Wirtschaftssekretariats prognostiziert ein „durchschnittliches bis deutlich unterdurchschnittliches Wachstum“ von 1,0 Prozent im Jahr 2023, gefolgt von 1,6 Prozent im nächsten Jahr.

Schon jetzt ist die Lage für einige Wirtschaftszweige unsicherer, als es der Schweizer Durchschnitt vermuten lässt. Wirtschaftspolitik-Experte Roger Wehrli vom Wirtschaftsdachverband Economiesuisse verweist auf Bauunternehmen: «Der Preisanstieg ist im Baubereich deutlich höher.» Die Branche ist sehr energieintensiv, leidet unter hohen Energiekosten und ist auf Rohstoffe wie Holz und Stahl angewiesen, die derzeit knapp und teuer sind.

Auch andernorts zeichnet sich laut Wehrl ab, dass in Europa Krisenstimmung herrscht. “Es gibt Zurückhaltung bei Investitionen.” Das bestätigt auch der Schweizerische Metall-, Elektro- und Maschinen-Verband (Swissmem), der nach der Pharmaindustrie die wichtigste Exportbranche des Landes ist. Im dritten Quartal 2022 waren die Bestellungen bereits um mehr als 12 Prozent eingebrochen. «Der Abschwung hat die Schweizer Industrie klar erreicht», heisst es in der Mitteilung.

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